Ein Bandscheibenvorfall, auch als Diskushernie oder intervertebrale Bandscheibenerkrankung (IVDD) bezeichnet, ist eine häufige und schwerwiegende Erkrankung, die das Rückenmark von Hunden betrifft. Diese Erkrankung tritt auf, wenn eine oder mehrere Bandscheiben – die als Puffer zwischen den Wirbeln der Wirbelsäule fungieren – verschleißen oder verrutschen und Druck auf das Rückenmark ausüben. Dies kann zu starken Schmerzen, Lähmungen und in schweren Fällen zu einem vollständigen Verlust der Bewegungsfähigkeit führen. Ein Bandscheibenvorfall bei Hunden erfordert oft eine schnelle und gezielte Behandlung, um bleibende Schäden zu vermeiden. In diesem Artikel erfahren Sie alles über die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung eines Bandscheibenvorfalls bei Hunden.
Was ist ein Bandscheibenvorfall?
Die Wirbelsäule eines Hundes besteht aus mehreren Wirbeln, die durch Bandscheiben miteinander verbunden sind. Diese Bandscheiben bestehen aus einem weichen, gelartigen Kern, der von einem faserigen äußeren Ring umgeben ist. Ihre Hauptfunktion besteht darin, Stöße abzufedern und die Wirbelsäule flexibel zu halten. Bei einem Bandscheibenvorfall (Diskushernie) rutscht der weiche Kern der Bandscheibe aus seiner Position oder bricht durch den äußeren Ring und drückt auf das Rückenmark oder die umliegenden Nerven.
Es gibt zwei Haupttypen von Bandscheibenvorfällen bei Hunden:
- Hansen Typ I: Dieser Typ tritt plötzlich auf und betrifft meist junge Hunde, insbesondere kleinere Rassen. Der äußere Ring der Bandscheibe reißt oder degeneriert schnell, was zu einem plötzlichen Vorfall des Kerns und starken Schmerzen führt.
- Hansen Typ II: Dieser Typ entwickelt sich langsamer und betrifft meist ältere Hunde. Hier degeneriert die Bandscheibe allmählich, was zu einem langsamen, aber fortschreitenden Druck auf das Rückenmark führt.
Ursachen des Bandscheibenvorfalls bei Hunden
Verschiedene Faktoren können zu einem Bandscheibenvorfall bei Hunden führen. Zu den häufigsten Ursachen gehören:
- Genetische Veranlagung: Bestimmte Hunderassen sind genetisch anfälliger für Bandscheibenvorfälle. Besonders betroffen sind kleine Hunderassen mit langen Rücken und kurzen Beinen wie Dackel, Pekingese, Beagle, Shih Tzu und Cocker Spaniel. Diese Hunde haben eine höhere Neigung zu degenerativen Bandscheibenveränderungen.
- Alter: Ältere Hunde entwickeln häufiger einen Bandscheibenvorfall, da die Bandscheiben im Laufe der Zeit verschleißen und ihre Elastizität verlieren. Dieser Verschleiß kann zu einem langsamen, aber kontinuierlichen Druck auf das Rückenmark führen.
- Übergewicht: Übergewicht belastet die Wirbelsäule zusätzlich und kann das Risiko eines Bandscheibenvorfalls erhöhen. Das zusätzliche Körpergewicht übt mehr Druck auf die Bandscheiben aus, was deren Verschleiß beschleunigen kann.
- Trauma oder Verletzung: Ein Bandscheibenvorfall kann auch durch ein Trauma oder eine Verletzung verursacht werden, z. B. durch einen Sturz, ein abruptes Verdrehen der Wirbelsäule oder durch das Springen aus großer Höhe. Diese plötzlichen Bewegungen können dazu führen, dass eine Bandscheibe verrutscht oder reißt.
- Bewegungsmangel: Hunde, die wenig Bewegung haben und oft eine sitzende Lebensweise führen, haben möglicherweise schwächere Rückenmuskeln, die die Wirbelsäule nicht ausreichend unterstützen. Dadurch steigt das Risiko eines Bandscheibenvorfalls.
Symptome eines Bandscheibenvorfalls bei Hunden
Die Symptome eines Bandscheibenvorfalls bei Hunden können von mild bis schwer variieren, abhängig von der Schwere des Vorfalls und der betroffenen Stelle der Wirbelsäule. Zu den häufigsten Anzeichen gehören:
- Plötzliche Schmerzen: Hunde mit einem Bandscheibenvorfall zeigen oft starke Schmerzen, insbesondere im Rückenbereich. Sie können wimmern, jaulen oder heftig auf Berührungen des Rückens reagieren.
- Steifheit und Bewegungsunlust: Hunde mit einem Bandscheibenvorfall sind oft steif und bewegen sich ungern. Sie meiden Aktivitäten wie Laufen, Springen oder Spielen.
- Hinken oder Lahmheit: Der Hund kann eine Lahmheit in den Vorder- oder Hinterbeinen zeigen, je nachdem, welcher Teil der Wirbelsäule betroffen ist. In schweren Fällen können die Beine vollständig gelähmt sein.
- Schwierigkeiten beim Aufstehen oder Gehen: Hunde mit einem Bandscheibenvorfall haben oft Schwierigkeiten, aufzustehen oder sich zu bewegen. Sie können instabil wirken oder ihren Gang verändern.
- Lähmungen: In schweren Fällen kann es zu teilweisen oder vollständigen Lähmungen der Hinterbeine (Paraplegie) oder sogar der Vorderbeine kommen. Der Hund kann das betroffene Gliedmaß nicht mehr bewegen oder fühlen.
- Inkontinenz: Bei einem schweren Bandscheibenvorfall, insbesondere im Lendenbereich, kann der Hund die Kontrolle über seine Blase und seinen Darm verlieren.
- Anzeichen von Schwäche oder Ataxie: Hunde mit einer Schädigung des Rückenmarks können schwach oder ataktisch wirken, was bedeutet, dass sie Schwierigkeiten haben, ihre Gliedmaßen zu koordinieren.
Diagnose des Bandscheibenvorfalls bei Hunden
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Hund einen Bandscheibenvorfall erlitten hat, sollten Sie sofort einen Tierarzt aufsuchen. Die Diagnose eines Bandscheibenvorfalls erfolgt durch eine gründliche neurologische Untersuchung und bildgebende Verfahren:
- Klinische Untersuchung: Der Tierarzt wird den Hund auf Anzeichen von Schmerzen, Schwäche oder neurologischen Defiziten untersuchen. Dazu gehört das Testen der Reflexe, das Abtasten des Rückens und die Beobachtung des Gangs des Hundes.
- Röntgenaufnahmen: Röntgenbilder können verwendet werden, um eine allgemeine Vorstellung vom Zustand der Wirbelsäule zu bekommen, zeigen jedoch nicht immer die genaue Stelle des Bandscheibenvorfalls. Sie können jedoch andere mögliche Ursachen für die Symptome wie Knochenbrüche oder Tumore ausschließen.
- Myelographie: Bei dieser Methode wird ein Kontrastmittel in den Wirbelkanal injiziert, um den genauen Ort der Rückenmarkskompression sichtbar zu machen. Myelographie ist besonders hilfreich, um den Schweregrad des Bandscheibenvorfalls zu bestimmen.
- CT (Computertomographie) oder MRT (Magnetresonanztomographie): Diese bildgebenden Verfahren sind besonders nützlich, um den Bandscheibenvorfall präzise zu lokalisieren und den genauen Schweregrad der Schädigung zu beurteilen. MRT ist das bevorzugte Verfahren, da es detaillierte Bilder des Rückenmarks und der Bandscheiben liefert.
Behandlung des Bandscheibenvorfalls bei Hunden
Die Behandlung eines Bandscheibenvorfalls bei Hunden hängt von der Schwere der Erkrankung und dem Allgemeinzustand des Hundes ab. In milden Fällen kann eine konservative Behandlung ausreichen, während in schweren Fällen ein chirurgischer Eingriff erforderlich sein kann.
Konservative Behandlung
Bei leichten Bandscheibenvorfällen oder bei Hunden, die keine neurologischen Defizite aufweisen, kann eine konservative Behandlung empfohlen werden. Dazu gehören:
- Ruhe und Bewegungseinschränkung: Strikte Ruhe ist der wichtigste Teil der konservativen Behandlung. Der Hund sollte mindestens 4 bis 6 Wochen lang ruhiggestellt werden, um den betroffenen Bereich zu entlasten und die Heilung zu fördern. Bewegungen wie Laufen, Springen und Treppensteigen sollten vermieden werden.
- Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente: Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oder Steroide werden häufig verschrieben, um Schmerzen und Entzündungen zu lindern. Diese Medikamente sollten nur unter tierärztlicher Aufsicht verabreicht werden.
- Physiotherapie: Nach der akuten Phase kann Physiotherapie helfen, die Muskeln zu stärken und die Beweglichkeit zu verbessern. Übungen zur Mobilisierung der Wirbelsäule sowie sanfte Dehnübungen können die Genesung unterstützen.
Chirurgische Behandlung
In schweren Fällen, insbesondere wenn der Hund neurologische Ausfälle oder Lähmungen zeigt, kann eine Operation erforderlich sein, um den Druck auf das Rückenmark zu entlasten und die Nervenfunktion wiederherzustellen. Die gängigsten chirurgischen Eingriffe sind:
- Hemilaminektomie: Bei dieser Operation wird ein Teil des Wirbelknochens entfernt, um den Druck auf das Rückenmark zu verringern. Dies ist die häufigste chirurgische Behandlung bei Bandscheibenvorfällen.
- Ventrale Slot-Dekompression: Diese Operation wird durchgeführt, um den Zugang zu den Bandscheiben im Nackenbereich zu ermöglichen und den Druck zu lindern. Sie wird häufig bei Bandscheibenvorfällen im Halsbereich angewendet.
Die Prognose nach einer Operation hängt vom Schweregrad des Vorfalls und dem Zeitpunkt des Eingriffs ab. Hunde, die schnell operiert werden, haben in der Regel bessere Chancen auf eine vollständige Genesung.
Rehabilitation nach einem Bandscheibenvorfall
Nach der Behandlung, ob konservativ oder chirurgisch, ist die Rehabilitation entscheidend, um die vollständige Beweglichkeit wiederherzustellen. Zu den gängigen Rehabilitationsmethoden gehören:
- Physiotherapie: Physiotherapie hilft, die Muskulatur zu stärken und die Beweglichkeit wiederherzustellen. Dies kann durch sanfte Übungen, Hydrotherapie (Schwimmen) oder Massage erreicht werden.
- Bewegungseinschränkung: Auch nach der Operation muss der Hund für mehrere Wochen streng ruhiggestellt werden, um die Heilung zu unterstützen und Rückfälle zu vermeiden.
- Gewichtsmanagement: Ein gesundes Körpergewicht ist entscheidend, um die Belastung der Wirbelsäule zu verringern und weiteren Bandscheibenvorfällen vorzubeugen.
Prävention eines Bandscheibenvorfalls
Einige Maßnahmen können helfen, das Risiko eines Bandscheibenvorfalls bei Hunden zu reduzieren:
- Vermeiden Sie übermäßiges Springen: Vermeiden Sie, dass Ihr Hund häufig von hohen Plätzen springt, wie von Sofas oder Betten. Nutzen Sie Rampen oder Treppen, um den Auf- und Abstieg zu erleichtern.
- Gewichtsmanagement: Ein gesundes Körpergewicht reduziert den Druck auf die Wirbelsäule und verringert das Risiko von Bandscheibenschäden.
- Regelmäßige Bewegung: Sanfte, regelmäßige Bewegung hilft, die Muskulatur zu stärken und die Wirbelsäule zu stützen. Vermeiden Sie jedoch übermäßige Belastungen oder plötzliche Bewegungen, die die Wirbelsäule belasten könnten.
Fazit
Ein Bandscheibenvorfall bei Hunden ist eine ernste und oft schmerzhafte Erkrankung, die zu starken Schmerzen und neurologischen Schäden führen kann. Eine schnelle Diagnose und gezielte Behandlung sind entscheidend, um die besten Heilungschancen zu gewährleisten. Mit der richtigen Kombination aus konservativer Behandlung oder chirurgischem Eingriff sowie einer gründlichen Rehabilitation können viele Hunde ihre Beweglichkeit wiedererlangen und ein erfülltes Leben führen.